Gesellschaftsrecht


Nichtigkeit von Gesellschafter­beschlüssen bei Ladung durch Unbefugte



Bei der Durchführung von Gesellschafterversammlungen müssen unterschiedliche Formalien beachtet werden. Diese können sich entweder aus dem Gesellschaftsvertrag oder aufgrund von gesetzlichen Regelungen ergeben. Ein besonderes Augenmerk sollte bereits auf die Einladung zur Gesellschafterversammlung gelegt werden. Das verdeutlicht eine aktuelle Entscheidung des BGH (Urteil vom 16.07.2024 – II ZR 100/23) zum Personengesellschaftsrecht.

I. Sachverhalt

In dem vom BGH entschiedenen Fall ging es um eine Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten. Ein Gesellschafter sollte aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Hierzu wurde von einem Mitgesellschafter zu einer Gesellschafterversammlung geladen. Der Gesellschaftsvertrag sah vor, dass Gesellschafterversammlung nur vom Managing Partner einberufen werden können, was vorliegend nicht beachtet wurde. Der betroffene Gesellschafter erschien nicht zur Gesellschafterversammlung, wo mit den Stimmen der übrigen Gesellschafter sein Ausschluss beschlossen wurde. Hier gegen richtete sich die vom betroffenen Gesellschafter erhobene Klage.

II. Entscheidung des BGH

Der BGH entschied, dass der in der Gesellschafterversammlung getroffene Ausschließungsbeschluss nichtig sei. Vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (kurz: MoPeG) war allgemein anerkannt, dass fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse immer nichtig sind. Eine Ausnahme hiervon galt jedoch für Verstöße gegen Form, Frist und Inhalt der Ladung zur Gesellschafterversammlung. Derartige Verstöße sollten nur dann zur Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse führen, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Zustandekommen des Gesellschafterbeschlusses durch den formalen Fehler beeinflusst wurde. Diese Grundsätze wendete der BGH im vorliegenden Fall jedoch nicht an. Grund hierfür ist, dass es sich bei einer Einladung zu einer Gesellschafterversammlung durch eine hierzu nicht berechtigte Person um einen derart schwerwiegenden formalen Mangel handelt, der faktisch einer Nichtladung gleichkommt. In einem solchen Fall spielt es also nach Auffassung des BGH keine Rolle, ob der Fehler irgendeine Auswirkung auf den Beschlussinhalt hatte oder nicht.

III. Konsequenzen für die Praxis

Die Entscheidung des BGH hat primär Bedeutung für Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) und für Partnerschaftsgesellschaften. Demgegenüber gilt für Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG) seit dem 01.01.2024 ein neues Beschlussmängelrecht. Hier wird nunmehr zwischen von vornherein nichtigen und bloß anfechtbaren Gesellschafterbeschlüssen unterschieden. Bei der GbR und der Partnerschaftsgesellschaft verbleibt es dagegen (vorbehaltlich einer abweichenden Regelung im Gesellschaftsvertrag) dabei, dass Mängel bei Gesellschafterbeschlüssen grundsätzlich zu deren Nichtigkeit führen. Die Rechtsfolge der Nichtigkeit gilt für formale Fehler jedoch nur, wenn sich dies auf das Abstimmungsergebnis ausgewirkt hat, es sei denn, es liegt ein derart schwerwiegender Mangel wie die Ladung durch die falsche Person vor.

Gesellschafterversammlungen müssen nicht nur inhaltlich, sondern auch unter formalen Gesichtspunkten sorgfältig vorbereitet werden, wenn eine Beschlussanfechtung verhindert werden soll. Das beginnt bereits mit der Frage, welche Person zulässigerweise zu einer Gesellschafterversammlung einladen kann. Gerade bei streitigen Auseinandersetzungen empfiehlt sich daher bereits bei der Vorbereitung eine anwaltliche Begleitung/Beratung.

Wir beraten umfassend zum Gesellschaftsrecht, insbesondere bei streitigen Auseinandersetzungen unter Gesellschaftern. Dazu gehört auch die Vertretung und Begleitung bei Gesellschafterversammlungen.


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