Verkehrsrecht


Neupreisentschädigung nur bei tatsächlicher Neubeschaffung eines Fahrzeuges



Der BGH hatte sich in seiner Entscheidung vom 29.09.2020 mit der Frage zu befassen, ob eine Neupreisentschädigung auch bei fiktiver Schadensabrechnung geschuldet ist. Ausgangspunkt für diese Überlegung ist, dass sich der Schadensersatzanspruch eines Geschädigten nach einem fremdverschuldeten Verkehrsunfall bei erheblicher Beschädigung des Fahrzeuges nach Rechtsprechung des BGH bei einem Neufahrzeug auf den ursprünglich bezahlten Kaufpreis beläuft und nicht auf den (regelmäßig geringeren) Wiederbeschaffungswert (ggfs. abzgl. Restwert) oder die Reparaturkosten. Voraussetzung für diese sogenannte Neupreisentschädigung ist, dass das Fahrzeug fabrikneu ist, also im Regelfall weniger als einen Monat alt ist und erst weniger als 1.000 km gefahren wurde (vgl. BGH VersR 1983, 658).
In dem vom BGH entschiedenen Fall war das Fahrzeug ca. drei Wochen alt und wies eine Fahrleistung von 571 km auf. Der Geschädigte hat eine Abrechnung auf Basis des ursprünglich bezahlten Kaufpreises verlangt, hat jedoch kein fabrikneues Ersatzfahrzeug gekauft.
Der BGH hat entschieden, dass eine Neupreisentschädigung nur dann geltend gemacht werden kann, wenn tatsächlich ein fabrikneues Ersatzfahrzeug gekauft wird. Nur dann ist die mit dem erhöhten Schadensausgleich einhergehende Anhebung der „Opfergrenze“ des Schädigers allein zum Schutz des besonderen Interesses des Geschädigten am Eigentum und an der Nutzung eines Neufahrzeuges gerechtfertigt. Dies gilt aber nur dann, wenn der Geschädigte im konkreten Einzelfall tatsächlich ein solches Interesse hat und dies durch den Kauf eines Neufahrzeuges nachweist. Nur in diesem Fall ist die Zuerkennung mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot und dem Bereicherungsverbot zu vereinbaren.
Eine fiktive Abrechnung der Neupreisentschädigung ist damit nicht möglich.

BGH Urteil vom 29.09.2020, Az. IV ZR 271/19


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