Gesellschaftsrecht, Compliance
Haftung und Verantwortlichkeit bei Ressortverteilung in der Geschäftsführung
Gerade bei größeren Gesellschaften und mehreren Organmitgliedern in der Geschäftsführung (Geschäftsführer bei einer GmbH, Vorstände bei einer AG) kommen regelmäßig Geschäftsordnungen für die Geschäftsführung zum Einsatz. Geschäftsordnungen enthalten häufig Regelungen zur internen Aufgabenverteilung und Zuständigkeiten bei mehreren Geschäftsführungsmitgliedern. Unter gewissen Voraussetzungen kann eine solche Ressortverteilung zu einer Haftungserleichterung für Geschäftsführer mit sich bringen. Angesichts einer aktuellen BGH-Entscheidung zu diesem Komplex (BGH, Urteil vom 09.11.2023 – III ZR 105/22) stellen wir nachfolgend die wesentlichen Aspekte dar, die beim Erlass einer Geschäftsordnung zu berücksichtigen sind und insbesondere, welche Auswirkungen eine Ressortverteilung auf die Haftung des einzelnen Geschäftsführungsmitgliedes haben kann.
1. Zuständigkeit für den Erlass einer Geschäftsordnung und Inhalte
Bei einer GmbH liegt die Zuständigkeit für den Erlass einer Geschäftsordnung primär bei der Gesellschafterversammlung. Subsidiär können jedoch auch die Geschäftsführer selbst ein eigene Geschäftsordnung erlassen, wenn die Gesellschafterversammlung von dem ihr zustehenden Recht keinen Gebrauch macht.
Neben einer Ressortverteilung können auch andere Inhalte in einer Geschäftsordnung geregelt werden: Häufig finden sich Regelungen zu zustimmungsbedürftigen Rechtsgeschäften, welche die Geschäftsführung nur mit vorheriger Zustimmung oder nachträglicher Genehmigung durch die Gesellschafterversammlung vornehmen darf. Daneben sind auch Informationspflichten der Geschäftsführung gegenüber den Gesellschaftern ein typischer Regelungsgegenstand (z.B. regelmäßiges Reporting, Vorgaben für die Jahres- und Finanzplanung, etc.).
2. Anforderungen an eine Geschäftsordnung
Eine wirksame Aufteilung von Zuständigkeiten setzt nach der Rechtsprechung des BGH voraus, dass die den Geschäftsführungsmitgliedern zugewiesenen Aufgabenbereiche klar und eindeutig sind. Die einzelnen Aufgabenbereiche müssen an hierfür jeweils fachlich und persönlich geeignete Personen übergeben werden und die Aufgabenverteilung muss von allen Geschäftsführern mitgetragen werden. Nicht zwingend ist, dass die vorgenommene Ressortverteilung schriftlich niedergelegt werden muss (BGH, Urteil vom 06.11.2018 – II ZR 11/17 = NZG 2019, 225). Gleichwohl ist allein aus Beweisgründen zu empfehlen, eine Ressortverteilung immer nur im Rahmen einer schriftlichen Geschäftsordnung vorzunehmen.
3. Auswirkungen auf die Haftung des einzelnen Geschäftsführers
Mitglieder der Geschäftsführung trifft eine sog. Gesamtverantwortung, d. h. ein Geschäftsführer ist insgesamt für die ordnungsgemäße Führung aller Geschäfte der Gesellschaft verantwortlich. Durch eine Ressortverteilung und die damit verbundene Aufteilung von Zuständigkeiten kommt es daher nach der Rechtsprechung des BGH nicht zu einer generellen Haftungsbefreiung für einen Pflichtenverstoß aus dem Ressort eines anderen Geschäftsführers. Vielmehr trifft jeden Geschäftsführer bei einer Ressortverteilung weiterhin eine Überwachungs- und Kontrollpflicht. Ein Geschäftsführer ist daher zum Einschreiten gezwungen, wenn ein anderes Geschäftsführungsmitglied dem ihm zugewiesenen Aufgabenbereich nicht ordnungsgemäß nachkommt (vgl. BGH, Urteil vom 06.11.2018 – II ZR 11/17 = NZG 2019, 225).
Diese Grundsätze hat der BGH jüngst in einer Entscheidung bestätigt. Eine Geschäftsordnung mit internen Zuständigkeitsregelungen bei einer GmbH könne nie zu einer gänzlichen Aufhebung, sondern nur zu einer Beschränkung von straf- und zivilrechtlichen Verantwortlichkeiten führen. Jeden Geschäftsführer treffe nämlich weiterhin eine Überwachungspflicht, die ihn zum Eingreifen verpflichtet, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Erfüllung der der Gesellschaft obliegenden Aufgaben durch den aufgrund der Ressortverteilung verantwortlichen Geschäftsführer nicht mehr gewährleistet ist (BGH, Urteil vom 09.11.2023 – III ZR 105/22).
4. Praxishinweise
Die aktuelle Entscheidung des BGH zeigt einmal mehr, dass Geschäftsordnungen sauber ausgearbeitet werden müssen, insbesondere wenn mit der Geschäftsordnung eine Ressortverteilung und damit verbundene Haftungserleichterung für einzelne Geschäftsführungsmitglieder erreicht werden soll. Geschäftsführer und Vorstände müssen sich im Klaren darüber sein, dass eine Ressortverteilung nicht automatisch zu einer Haftungsbefreiung im Ganzen führt. Kontroll- und Überwachungspflichten bezogen auf die übrigen Geschäftsführungsmitglieder bleiben bestehen. Sinnvoll ist es daher, dass in regelmäßigen Abständen (mindestens einmal pro Quartal) interne Sitzungen/Besprechungen mit allen Geschäftsführungsmitgliedern stattfinden, damit alle Mitglieder über Vorgänge aus den anderen Ressorts auf dem Laufenden sind bzw. sich entsprechende Informationen hierüber verschaffen können. Andernfalls kann eine Haftung des einzelnen Geschäftsführers drohen, wenn er nicht nachweisen kann, dass er seinen Kontrollpflichten hinreichend nachgekommen ist.
Unsere Kolleginnen und Kollegen beraten umfassend zum Gesellschaftsrecht, zu Haftungsfragen von Organmitglieder sowie zur Compliance. Dazu gehört auch die Erstellung von Geschäftsordnungen. Gerne können Sie sich bei Beratungsbedarf jederzeit an uns wenden.
1. Zuständigkeit für den Erlass einer Geschäftsordnung und Inhalte
Bei einer GmbH liegt die Zuständigkeit für den Erlass einer Geschäftsordnung primär bei der Gesellschafterversammlung. Subsidiär können jedoch auch die Geschäftsführer selbst ein eigene Geschäftsordnung erlassen, wenn die Gesellschafterversammlung von dem ihr zustehenden Recht keinen Gebrauch macht.
Neben einer Ressortverteilung können auch andere Inhalte in einer Geschäftsordnung geregelt werden: Häufig finden sich Regelungen zu zustimmungsbedürftigen Rechtsgeschäften, welche die Geschäftsführung nur mit vorheriger Zustimmung oder nachträglicher Genehmigung durch die Gesellschafterversammlung vornehmen darf. Daneben sind auch Informationspflichten der Geschäftsführung gegenüber den Gesellschaftern ein typischer Regelungsgegenstand (z.B. regelmäßiges Reporting, Vorgaben für die Jahres- und Finanzplanung, etc.).
2. Anforderungen an eine Geschäftsordnung
Eine wirksame Aufteilung von Zuständigkeiten setzt nach der Rechtsprechung des BGH voraus, dass die den Geschäftsführungsmitgliedern zugewiesenen Aufgabenbereiche klar und eindeutig sind. Die einzelnen Aufgabenbereiche müssen an hierfür jeweils fachlich und persönlich geeignete Personen übergeben werden und die Aufgabenverteilung muss von allen Geschäftsführern mitgetragen werden. Nicht zwingend ist, dass die vorgenommene Ressortverteilung schriftlich niedergelegt werden muss (BGH, Urteil vom 06.11.2018 – II ZR 11/17 = NZG 2019, 225). Gleichwohl ist allein aus Beweisgründen zu empfehlen, eine Ressortverteilung immer nur im Rahmen einer schriftlichen Geschäftsordnung vorzunehmen.
3. Auswirkungen auf die Haftung des einzelnen Geschäftsführers
Mitglieder der Geschäftsführung trifft eine sog. Gesamtverantwortung, d. h. ein Geschäftsführer ist insgesamt für die ordnungsgemäße Führung aller Geschäfte der Gesellschaft verantwortlich. Durch eine Ressortverteilung und die damit verbundene Aufteilung von Zuständigkeiten kommt es daher nach der Rechtsprechung des BGH nicht zu einer generellen Haftungsbefreiung für einen Pflichtenverstoß aus dem Ressort eines anderen Geschäftsführers. Vielmehr trifft jeden Geschäftsführer bei einer Ressortverteilung weiterhin eine Überwachungs- und Kontrollpflicht. Ein Geschäftsführer ist daher zum Einschreiten gezwungen, wenn ein anderes Geschäftsführungsmitglied dem ihm zugewiesenen Aufgabenbereich nicht ordnungsgemäß nachkommt (vgl. BGH, Urteil vom 06.11.2018 – II ZR 11/17 = NZG 2019, 225).
Diese Grundsätze hat der BGH jüngst in einer Entscheidung bestätigt. Eine Geschäftsordnung mit internen Zuständigkeitsregelungen bei einer GmbH könne nie zu einer gänzlichen Aufhebung, sondern nur zu einer Beschränkung von straf- und zivilrechtlichen Verantwortlichkeiten führen. Jeden Geschäftsführer treffe nämlich weiterhin eine Überwachungspflicht, die ihn zum Eingreifen verpflichtet, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Erfüllung der der Gesellschaft obliegenden Aufgaben durch den aufgrund der Ressortverteilung verantwortlichen Geschäftsführer nicht mehr gewährleistet ist (BGH, Urteil vom 09.11.2023 – III ZR 105/22).
4. Praxishinweise
Die aktuelle Entscheidung des BGH zeigt einmal mehr, dass Geschäftsordnungen sauber ausgearbeitet werden müssen, insbesondere wenn mit der Geschäftsordnung eine Ressortverteilung und damit verbundene Haftungserleichterung für einzelne Geschäftsführungsmitglieder erreicht werden soll. Geschäftsführer und Vorstände müssen sich im Klaren darüber sein, dass eine Ressortverteilung nicht automatisch zu einer Haftungsbefreiung im Ganzen führt. Kontroll- und Überwachungspflichten bezogen auf die übrigen Geschäftsführungsmitglieder bleiben bestehen. Sinnvoll ist es daher, dass in regelmäßigen Abständen (mindestens einmal pro Quartal) interne Sitzungen/Besprechungen mit allen Geschäftsführungsmitgliedern stattfinden, damit alle Mitglieder über Vorgänge aus den anderen Ressorts auf dem Laufenden sind bzw. sich entsprechende Informationen hierüber verschaffen können. Andernfalls kann eine Haftung des einzelnen Geschäftsführers drohen, wenn er nicht nachweisen kann, dass er seinen Kontrollpflichten hinreichend nachgekommen ist.
Unsere Kolleginnen und Kollegen beraten umfassend zum Gesellschaftsrecht, zu Haftungsfragen von Organmitglieder sowie zur Compliance. Dazu gehört auch die Erstellung von Geschäftsordnungen. Gerne können Sie sich bei Beratungsbedarf jederzeit an uns wenden.
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