Arbeitsrecht, Gesellschaftsrecht
Erfordernis einer Karenzentschädigung bei GmbH-Geschäftsführern?
In Dienstverträgen von GmbH-Geschäftsführern finden sich häufig Regelungen zu einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot. Häufig hat nämlich die Gesellschaft ein (berechtigtes) Interesse daran, dass der Geschäftsführer nach Beendigung seines Dienstverhältnisses nicht in Konkurrenz zur Gesellschaft tritt, indem er für ein Konkurrenzunternehmen tätig wird. In der Praxis stellt sich dabei regelmäßig die Frage, ob ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nur dann wirksam ist, wenn zugunsten des GmbH-Geschäftsführers eine Karenzentschädigung vereinbart wird.
Die Rechtsprechung verfolgt dabei bislang den Grundsatz, dass eine Karenzentschädigung für den ausscheidenden Geschäftsführer nicht zwingend erforderlich ist. Das hat der BGH in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 23.04.2024 – II ZR 99/22) nochmals bestätigt.
1. Allgemeine Grundsätze zu nachvertraglichen Wettbewerbsverboten
Nachvertragliche Wettbewerbsverbote sind immer vor dem Hintergrund der durch das Grundgesetz geschützten Berufsfreiheit (Art. 12 GG) zu sehen. Sie sind daher gerechtfertigt und nicht sittenwidrig nach § 138 BGB, wenn und soweit sie erforderlich sind, um einen Vertragspartner vor einer illoyalen Verwertung der Erfolge seiner Arbeit durch den anderen Vertragspartner zu schützen. Vereinbarungen zu einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot sind in räumlicher, gegenständlicher und zeitlicher Hinsicht auf das hierfür notwendige Maß zu beschränken, d.h. Wettbewerbsverbote können nicht ausufernd vereinbart werden.
Im Hinblick auf die zeitlichen Grenzen für ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist eine allgemeine Grenze von zwei Jahren anerkannt. Eine Überschreitung der zulässigen Grenzen für nachvertragliche Wettbewerbsverbote führt grundsätzlich zur Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbots. Eine sog. geltungserhaltende Reduktion kommt nach der Rechtsprechung allenfalls bei einer Überschreitung der zeitlichen Schranken des Wettbewerbsverbots in Betracht. Wird eine zu lange Laufzeit für ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart, kann die Laufzeit auf das gerade noch zulässige Maß zurückgeführt werden. Bei einer Überschreitung des zulässigen gegenständlichen und räumlichen Anwendungsbereichs eines Wettbewerbsverbots ist dies jedoch nicht möglich.
Regelungen zur Karenzentschädigung finden sich gesetzlich in den §§ 74 ff. HGB. Die Rechtsprechung wendet die dortigen Bestimmungen mittlerweile auf sämtliche Arbeitnehmer an. Bei Arbeitnehmern kann ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nur dann wirksam vereinbart werden, wenn zugunsten des Arbeitnehmers eine Karenzentschädigung bezahlt wird.
2. Besonderheiten bei GmbH-Geschäftsführern
Für GmbH-Geschäftsführer (und allgemein Organmitglieder) gelten im Hinblick auf eine Karenzentschädigung jedoch andere Grundsätze: Die Rechtsprechung lehnt eine analoge Anwendung der §§ 74 ff. HGB auf Geschäftsführer ab. Wird mit einem Geschäftsführer ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart, so muss ihm hierfür grundsätzlich keine Karenzentschädigung versprochen oder später gezahlt werden. Das hat der BGH jüngst noch einmal klargestellt (Urteil vom 23.04.2024 – II ZR 99/22). In dem vom BGH entschiedenen Fall wurde es daher auch als zulässig angesehen, wenn im Geschäftsführer-Dienstvertrag für den Fall eines Verstoßes gegen ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot die dem Geschäftsführer versprochene Karenzentschädigung rückwirkend (also von Beginn an) wegfällt und diese vom Geschäftsführer wieder an die Gesellschaft zurückbezahlt werden muss.
Das bedeutet jedoch nicht, dass Geschäftsführer bei nachvertraglichen Wettbewerbsverboten gänzlich schutzlos wären, denn auch diese können sich auf die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) berufen. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit Geschäftsführern können daher auch auf eine etwaige Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) hin überprüft werden. Zugunsten von Geschäftsführern greifen daher die allgemeinen Grundsätze (siehe oben) ein, wonach das berufliche Fortkommen eines Geschäftsführers durch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nicht unbillig erschwert werden darf. Ein entsprechendes Wettbewerbsverbot ist daher räumlich, zeitlich und gegenständlich zu beschränken.
3. Praxishinweise
Bei der Vereinbarung von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten ist allgemein darauf zu achten, dass die zulässigen Grenzen in räumlicher, zeitlicher und gegenständlicher Hinsicht nicht überschritten werden. Da eine geltungserhaltende Reduktion bei den räumlichen und gegenständlichen Schranken nicht möglich ist, sollten sicherheitshalber die dem Geschäftsführer auferlegten Grenzen nicht zu eng gezogen werden. Vielmehr gilt hier der Grundsatz: „Weniger ist mehr.“ Auch wenn bei Geschäftsführern nicht zwingend eine Karenzentschädigung vorgesehen werden muss, kann sich dies im Einzelfall gleichwohl anbieten, um ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot rechtssicherer auszugestalten.
Wir beraten umfassend zum Arbeits- und Gesellschaftsrecht, insbesondere zur Vertragsgestaltung bei Geschäftsführer-Dienstverträgen und streitigen Auseinandersetzungen zwischen Geschäftsführern und Gesellschaften. Bei Beratungsbedarf können Sie sich daher jederzeit an unsere Kolleginnen und Kollegen wenden.
Die Rechtsprechung verfolgt dabei bislang den Grundsatz, dass eine Karenzentschädigung für den ausscheidenden Geschäftsführer nicht zwingend erforderlich ist. Das hat der BGH in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 23.04.2024 – II ZR 99/22) nochmals bestätigt.
1. Allgemeine Grundsätze zu nachvertraglichen Wettbewerbsverboten
Nachvertragliche Wettbewerbsverbote sind immer vor dem Hintergrund der durch das Grundgesetz geschützten Berufsfreiheit (Art. 12 GG) zu sehen. Sie sind daher gerechtfertigt und nicht sittenwidrig nach § 138 BGB, wenn und soweit sie erforderlich sind, um einen Vertragspartner vor einer illoyalen Verwertung der Erfolge seiner Arbeit durch den anderen Vertragspartner zu schützen. Vereinbarungen zu einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot sind in räumlicher, gegenständlicher und zeitlicher Hinsicht auf das hierfür notwendige Maß zu beschränken, d.h. Wettbewerbsverbote können nicht ausufernd vereinbart werden.
Im Hinblick auf die zeitlichen Grenzen für ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist eine allgemeine Grenze von zwei Jahren anerkannt. Eine Überschreitung der zulässigen Grenzen für nachvertragliche Wettbewerbsverbote führt grundsätzlich zur Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbots. Eine sog. geltungserhaltende Reduktion kommt nach der Rechtsprechung allenfalls bei einer Überschreitung der zeitlichen Schranken des Wettbewerbsverbots in Betracht. Wird eine zu lange Laufzeit für ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart, kann die Laufzeit auf das gerade noch zulässige Maß zurückgeführt werden. Bei einer Überschreitung des zulässigen gegenständlichen und räumlichen Anwendungsbereichs eines Wettbewerbsverbots ist dies jedoch nicht möglich.
Regelungen zur Karenzentschädigung finden sich gesetzlich in den §§ 74 ff. HGB. Die Rechtsprechung wendet die dortigen Bestimmungen mittlerweile auf sämtliche Arbeitnehmer an. Bei Arbeitnehmern kann ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nur dann wirksam vereinbart werden, wenn zugunsten des Arbeitnehmers eine Karenzentschädigung bezahlt wird.
2. Besonderheiten bei GmbH-Geschäftsführern
Für GmbH-Geschäftsführer (und allgemein Organmitglieder) gelten im Hinblick auf eine Karenzentschädigung jedoch andere Grundsätze: Die Rechtsprechung lehnt eine analoge Anwendung der §§ 74 ff. HGB auf Geschäftsführer ab. Wird mit einem Geschäftsführer ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart, so muss ihm hierfür grundsätzlich keine Karenzentschädigung versprochen oder später gezahlt werden. Das hat der BGH jüngst noch einmal klargestellt (Urteil vom 23.04.2024 – II ZR 99/22). In dem vom BGH entschiedenen Fall wurde es daher auch als zulässig angesehen, wenn im Geschäftsführer-Dienstvertrag für den Fall eines Verstoßes gegen ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot die dem Geschäftsführer versprochene Karenzentschädigung rückwirkend (also von Beginn an) wegfällt und diese vom Geschäftsführer wieder an die Gesellschaft zurückbezahlt werden muss.
Das bedeutet jedoch nicht, dass Geschäftsführer bei nachvertraglichen Wettbewerbsverboten gänzlich schutzlos wären, denn auch diese können sich auf die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) berufen. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit Geschäftsführern können daher auch auf eine etwaige Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) hin überprüft werden. Zugunsten von Geschäftsführern greifen daher die allgemeinen Grundsätze (siehe oben) ein, wonach das berufliche Fortkommen eines Geschäftsführers durch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nicht unbillig erschwert werden darf. Ein entsprechendes Wettbewerbsverbot ist daher räumlich, zeitlich und gegenständlich zu beschränken.
3. Praxishinweise
Bei der Vereinbarung von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten ist allgemein darauf zu achten, dass die zulässigen Grenzen in räumlicher, zeitlicher und gegenständlicher Hinsicht nicht überschritten werden. Da eine geltungserhaltende Reduktion bei den räumlichen und gegenständlichen Schranken nicht möglich ist, sollten sicherheitshalber die dem Geschäftsführer auferlegten Grenzen nicht zu eng gezogen werden. Vielmehr gilt hier der Grundsatz: „Weniger ist mehr.“ Auch wenn bei Geschäftsführern nicht zwingend eine Karenzentschädigung vorgesehen werden muss, kann sich dies im Einzelfall gleichwohl anbieten, um ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot rechtssicherer auszugestalten.
Wir beraten umfassend zum Arbeits- und Gesellschaftsrecht, insbesondere zur Vertragsgestaltung bei Geschäftsführer-Dienstverträgen und streitigen Auseinandersetzungen zwischen Geschäftsführern und Gesellschaften. Bei Beratungsbedarf können Sie sich daher jederzeit an unsere Kolleginnen und Kollegen wenden.
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