Gesellschaftsrecht
Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis bei Partnerschaftsgesellschaften für berufliche Tätigkeiten
Die Partnerschaftsgesellschaft ist eine besondere Rechtsform, die Angehörigen von sog. Freien Berufen offensteht (beispielsweise Architekten, Ärzte, Anwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer etc.). Sinn und Zweck einer Partnerschaftsgesellschaft ist der Zusammenschluss zur gemeinsamen Berufsausübung. Vor diesem Hintergrund ordnet § 6 Abs. 2 PartGG an, dass ein Partner (= Gesellschafter) im Partnerschaftsvertrag nicht von der Geschäftsführung für solche Geschäfte ausgeschlossen werden kann, welche die Ausübung des eigenen Berufs betreffen. Umstritten und noch nicht höchstrichterlich entschieden ist die Frage, ob einem Partner die Geschäftsführungsbefugnis insgesamt, also auch im Hinblick auf berufliche Tätigkeiten, durch Gesellschafterbeschluss oder Gerichtsentscheidung entzogen werden kann. Das Landgericht Stuttgart hat dies jüngst mit Urteil vom 09.10.2024 (Aktenzeichen: 49 O 4/24) unter gewissen Voraussetzungen bejaht.
I. Sachverhalt
Gegen den Partner einer Partnerschaftsgesellschaft liefen strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen mutmaßlicher Vermögensdelikte, die im Zusammenhang mit beruflichen Tätigkeiten standen. Trotz Aufforderung verweigerte der Partner den Mitgesellschaftern detaillierte Auskünfte zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen und zeigte sich nicht kooperativ. Daraufhin beschlossen die übrigen Partner, dem Betroffenen vorübergehend die Geschäftsführungsbefugnis zu entziehen. Die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis wurde in dem hierfür getroffenen Gesellschafterbeschluss zeitlich bis zum 31.12.2024 befristet. Zudem fassten die Mitgesellschafter einen Beschluss, wonach der betroffene Partner zum 31.12.2024 aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden sollte. Hiergegen wendete sich der betroffene Partner gerichtlich.
II. Entscheidung des Gerichts
Das LG Stuttgart erklärte den Beschluss der Partnerschaftsgesellschaft zur vorübergehenden Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis für rechtmäßig. § 6 Abs. 2 PartGG verbiete zunächst nur, einen Partner im Partnerschaftsvertrag von der Geschäftsführung für berufliche Tätigkeiten auszuschließen. § 6 Abs. 3 PartGG mit dem Verweis auf die Regelungen bei der OHG (§ 116 Abs. 5 HGB) zeigt aber, dass eine Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis insgesamt möglich sein muss. Eine Beschränkung auf die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis für „sonstige Geschäfte“ ergebe sich hieraus nicht.
Für die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis ist ein wichtiger Grund erforderlich. Ein solcher ist gegeben, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen den Gesellschaftern erheblich beeinträchtigt ist und die weitere Ausübung der Geschäftsführungsbefugnis im beruflichen Bereich für die übrigen Gesellschafter unzumutbar erscheint. Eine anerkannte und besonders relevante Fallkonstellation ist, dass (wie hier) eine solche Maßnahme im Vorfeld eines Ausschlusses eines Gesellschafters getroffen werden soll. Das Landgericht Stuttgart erkannte die strafrechtlichen Ermittlungen wegen Vermögensdelikten als ausreichend gewichtigen Grund an, insbesondere da sich diese aus beruflichen Tätigkeiten des betroffenen Partners ergaben. Die Weigerung, den anderen Gesellschaftern gegenüber Transparenz zu zeigen, verstärkte das Misstrauen. Die gesellschafterliche Treuepflicht hätte es dem betroffenen Gesellschafter geboten, auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen der Mitgesellschafter angemessen Rücksicht zu nehmen.
Im Rahmen einer vorzunehmenden Gesamtabwägung zwischen den widerstreitenden Interessen berücksichtigte das Gericht zugunsten der Mitgesellschafter insbesondere, dass die erhobenen Vorwürfe gegen den betroffenen Partner rufschädigend für die Gesellschaft sein können.
Die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis konnte vorliegend durch Gesellschafterbeschluss der übrigen Partner getroffen werden, weil der Partnerschaftsvertrag dies erlaubte. Eine gerichtliche Klage auf Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis – wie es das Gesetz normalerweise vorsieht (§ 6 Abs. 3 PartGG i.V.m. § 116 Abs. 5 HGB) – war daher nicht erforderlich. Die gesetzlichen Regelungen sind dispositiv. Vorrangig gelten die Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag.
III. Praxishinweise
Das Urteil des LG Stuttgart zeigt, dass die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis auch für berufliche Tätigkeiten grundsätzlich möglich ist. Neben einem wichtigen Grund muss die Maßnahme unter Berücksichtigung der Interessen des betroffenen Partners verhältnismäßig sein, was insbesondere durch eine zeitliche Befristung erreicht werden kann.
Daneben verdeutlicht die Entscheidung, wie wichtig es ist, klare Regelungen im Partnerschaftsvertrag zur Entziehung von Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnissen sowie zum Ausschluss eines Gesellschafters vorzusehen. Damit die Mitgesellschafter in Krisensituationen handlungsfähig sind, sollten diese Maßnahmen im Partnerschaftsvertrag durch bloßen Gesellschafterbeschluss zugelassen werden. Der mühsame und oft langwierige Gang über ein gerichtliches Entziehungs- bzw. Ausschlussverfahren ist in der Praxis dagegen meist wenig hilfreich.
Wir beraten umfassend zum Gesellschaftsrecht, insbesondere bei streitigen Auseinandersetzungen unter Gesellschaftern. Ein besonderer Schwerpunkt bildet dabei die Beratung von Freiberuflern.
I. Sachverhalt
Gegen den Partner einer Partnerschaftsgesellschaft liefen strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen mutmaßlicher Vermögensdelikte, die im Zusammenhang mit beruflichen Tätigkeiten standen. Trotz Aufforderung verweigerte der Partner den Mitgesellschaftern detaillierte Auskünfte zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen und zeigte sich nicht kooperativ. Daraufhin beschlossen die übrigen Partner, dem Betroffenen vorübergehend die Geschäftsführungsbefugnis zu entziehen. Die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis wurde in dem hierfür getroffenen Gesellschafterbeschluss zeitlich bis zum 31.12.2024 befristet. Zudem fassten die Mitgesellschafter einen Beschluss, wonach der betroffene Partner zum 31.12.2024 aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden sollte. Hiergegen wendete sich der betroffene Partner gerichtlich.
II. Entscheidung des Gerichts
Das LG Stuttgart erklärte den Beschluss der Partnerschaftsgesellschaft zur vorübergehenden Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis für rechtmäßig. § 6 Abs. 2 PartGG verbiete zunächst nur, einen Partner im Partnerschaftsvertrag von der Geschäftsführung für berufliche Tätigkeiten auszuschließen. § 6 Abs. 3 PartGG mit dem Verweis auf die Regelungen bei der OHG (§ 116 Abs. 5 HGB) zeigt aber, dass eine Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis insgesamt möglich sein muss. Eine Beschränkung auf die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis für „sonstige Geschäfte“ ergebe sich hieraus nicht.
Für die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis ist ein wichtiger Grund erforderlich. Ein solcher ist gegeben, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen den Gesellschaftern erheblich beeinträchtigt ist und die weitere Ausübung der Geschäftsführungsbefugnis im beruflichen Bereich für die übrigen Gesellschafter unzumutbar erscheint. Eine anerkannte und besonders relevante Fallkonstellation ist, dass (wie hier) eine solche Maßnahme im Vorfeld eines Ausschlusses eines Gesellschafters getroffen werden soll. Das Landgericht Stuttgart erkannte die strafrechtlichen Ermittlungen wegen Vermögensdelikten als ausreichend gewichtigen Grund an, insbesondere da sich diese aus beruflichen Tätigkeiten des betroffenen Partners ergaben. Die Weigerung, den anderen Gesellschaftern gegenüber Transparenz zu zeigen, verstärkte das Misstrauen. Die gesellschafterliche Treuepflicht hätte es dem betroffenen Gesellschafter geboten, auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen der Mitgesellschafter angemessen Rücksicht zu nehmen.
Im Rahmen einer vorzunehmenden Gesamtabwägung zwischen den widerstreitenden Interessen berücksichtigte das Gericht zugunsten der Mitgesellschafter insbesondere, dass die erhobenen Vorwürfe gegen den betroffenen Partner rufschädigend für die Gesellschaft sein können.
Die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis konnte vorliegend durch Gesellschafterbeschluss der übrigen Partner getroffen werden, weil der Partnerschaftsvertrag dies erlaubte. Eine gerichtliche Klage auf Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis – wie es das Gesetz normalerweise vorsieht (§ 6 Abs. 3 PartGG i.V.m. § 116 Abs. 5 HGB) – war daher nicht erforderlich. Die gesetzlichen Regelungen sind dispositiv. Vorrangig gelten die Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag.
III. Praxishinweise
Das Urteil des LG Stuttgart zeigt, dass die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis auch für berufliche Tätigkeiten grundsätzlich möglich ist. Neben einem wichtigen Grund muss die Maßnahme unter Berücksichtigung der Interessen des betroffenen Partners verhältnismäßig sein, was insbesondere durch eine zeitliche Befristung erreicht werden kann.
Daneben verdeutlicht die Entscheidung, wie wichtig es ist, klare Regelungen im Partnerschaftsvertrag zur Entziehung von Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnissen sowie zum Ausschluss eines Gesellschafters vorzusehen. Damit die Mitgesellschafter in Krisensituationen handlungsfähig sind, sollten diese Maßnahmen im Partnerschaftsvertrag durch bloßen Gesellschafterbeschluss zugelassen werden. Der mühsame und oft langwierige Gang über ein gerichtliches Entziehungs- bzw. Ausschlussverfahren ist in der Praxis dagegen meist wenig hilfreich.
Wir beraten umfassend zum Gesellschaftsrecht, insbesondere bei streitigen Auseinandersetzungen unter Gesellschaftern. Ein besonderer Schwerpunkt bildet dabei die Beratung von Freiberuflern.
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