Arbeitsrecht


BAG: Verhaltensbedingte Kündigung wegen Verletzung der Anzeigepflicht



Der Entscheidung des BAG lag eine Kündigung eines langjährig als Lagerist beschäftigten Arbeitnehmer, der seit ca. einem Jahr durchgehend erkrankt war, zu Grunde. Kündigungsgrund war die nicht ordnungsgemäße Anzeige der Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit. Die Beklagte mahnte den Kläger bereits zuvor wegen Nichterscheinens ab, zwei weitere Abmahnungen enthielten den Vorwurf des Verstoßes gegen die Anzeigepflichten, weil Folgebescheinigungen den Vorgesetzten nicht rechtzeitig erreicht hätten. Die Einreichung einer Folgebescheinigung im Laufe des Montags nach ursprünglich am Freitag endender Arbeitsunfähigkeit führte zur Kündigung des Klägers.

Das Bundesarbeitsgericht hat die Entscheidung des Landesarbeitsgericht (LAG), das die Kündigung nach Abwägung der beiderseitigen Interessen und einem lediglich geringen Verschulden des Klägers als unwirksam angesehen hat auf und hat das Verfahren zur weiteren Beweiserhebung wieder an das LAG zurückverwiesen. Das BAG stellt klar, dass der Arbeitgeber grundsätzlich darauf vertrauen dürfe, dass der Arbeitnehmer seine Arbeit nach Ablauf der mitgeteilten Arbeitsunfähigkeit seine Arbeit wieder aufnehmen wird, wenn keine anderslautende Anzeige vor dem nächsten regulären Arbeitsbeginn eingeht. Insoweit besteht nach Auffassung des BAG auch nicht generell eine größere Wahrscheinlichkeit, dass eine einmal eingetretene Arbeitsunfähigkeit über den zunächst mitgeteilten Zeitraum hinaus fortdauere und nicht wie mitgeteilt ende. Das Dispositionsinteresse des Arbeitgebers sei deshalb durch eine nicht unverzügliche Anzeige grundsätzlich unabhängig davon beeinträchtigt, ob es sich um eine Ersterkrankung oder eine Fortsetzungserkrankung handele. Das BAG stellt klar, dass es der Organisationshoheit des Arbeitgebers obliege, ob und ggf. wie er krankheitsbedingte Arbeitsausfälle kompensiere, insbesondere er nicht verpflichtet ist, sich bei Langzeiterkrankungen um eine längerfristige Ersatzlösung bemühen zu müssen.

BAG, Urteil vom 07.05.2020 – 2 AZR 619/19, NZA 2020, 1022


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