Arbeitsrecht


BAG: Auskunftsanspruch hinsichtlich anderweitigen Erwerbs im Rahmen des Annahmeverzugsanspruchs



Der Entscheidung des BAG lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Kläger war bei der Beklagten als Bauhandwerker beschäftigt. Der Kläger hat gegen die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung erfolgreich Kündigungsschutzklage erhoben. In Folge dieser erfolgreichen Kündigungsschutzklage erhob der Kläger Klage auf Zahlung von Annahmeverzugslohn. Die Beklagte fordert mit einer Widerklage Auskunft über die von der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter dem Kläger während des Annahmeverzugszeitraums übermittelten Stellenangebote.

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass die Beklagte als Arbeitgeberin einen Anspruch auf Auskunft über die von der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter unterbreiteten Vermittlungsvorschläge unter Nennung von Tätigkeit, Arbeitsort und Vergütung hat. Dies begründete das Bundesarbeitsgericht damit, dass materiell-rechtlich nach Treu und Glauben eine Auskunftspflicht bestehen kann, wenn die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über den bestehenden Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann, ohne dass hierdurch die Darlegungs- und Beweissituation im Prozess unzulässig verändert wird. Die Beklagte erhob gegen den Entgeltanspruch des Klägers Einwendungen nach § 11 Nr. 2 KSchG (Anrechnung böswillig unterlassenen Verdienstes), für die sie darlegungs- und beweispflichtig war. Die Beklagte war daher in einer Lage, in der sie die begehrten Auskünfte benötigt, um die Einwendung des böswilligen Unterlassens anderweitigen zumutbaren Erwerbs in den Prozess einführen und so den Zahlungsanspruch teilweise abwehren zu können. Zudem besteht nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes auch die für einen Auskunftsanspruch erforderliche Wahrscheinlichkeit, da sowohl die Agentur für Arbeit nach § 35 Abs. 1 SGB III als auch das Jobcenter nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 SGB II Arbeitsvermittlung anbieten muss. Dem Arbeitgeber sei es regelmäßig nicht möglich, darzulegen und zu beweisen, dass der Arbeitnehmer anderweitigen Verdienst während des Annahmeverzugs erzielte und erst recht nicht, dass der Arbeitnehmer anderweitigen Erwerb böswillig nicht erzielte. Wegen des Sozialgeheimnisses (§ 35 SGB I) habe der Arbeitgeber keinen Anspruch auf Mitteilung gegen die Agentur für Arbeit oder das Jobcenter. Der Auskunftserteilung stehen nach der Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes auch keine schützenswerten Interessen des Klägers entgegen, insbesondere entfaltet das Sozialgeheimnis keine Wirkung zwischen den Arbeitsvertragsparteien.

BAG, Urteil vom 27.05.2020 - 5 AZR 387/19, NZA 2020, 1113


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