Corona-Update


Arbeitsrecht-Spezial: Kurzarbeit



1. Kann der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer Kurzarbeit anordnen?

Der Arbeitgeber kann Kurzarbeit anordnen, wenn hierfür eine Grundlage im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag gibt. Sollte eine derartige Grundlage noch nicht bestehen, müsste sie zunächst geschaffen werden.

In Betrieben mit einem Betriebsrat müsste diesbezüglich eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen werden, wobei dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ein zwingendes Mitbestimmungsrecht zusteht.

In Betrieben ohne Betriebsrat müsste mit dem einzelnen Mitarbeiter eine Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag geschlossen werden. Unter Umständen kann eine solche Vereinbarung auch durch schlüssiges (konkludentes) Verhalten zustande kommen, indem sich die Arbeitnehmer zu den geänderten Zeiten zur Arbeitsaufnahme im Betrieb einfinden. Dies stellt aber kein rechtssichers Umsetzungsmittel dar.

Sofern ein Mitarbeiter zum Abschluss einer Vereinbarung nicht bereit ist, kann ggf. eine Änderungskündigung ausgesprochen werden. Dabei wird das ursprüngliche Arbeitsverhältnis gekündigt mit dem Angebot des Abschlusses eines neuen Arbeitsvertrages mit der Kurzarbeiterklausel. In diesem Fall besteht für den Mitarbeiter bis zum Ablauf der individuellen Kündigungsfrist Anspruch auf Fortzahlung des vollen ungekürzten Arbeitsentgeltes. Zum Teil wird vertreten, dass eine solche Änderungskündigung in diesen Fällen auch als außerordentliche Kündigung möglich ist, also ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Der Arbeitnehmer kann sich gegen eine solche Änderungskündigung, z.B. im Wege der Kündigungsschutzklage zur Wehr setzen.

2. Unter welchen Voraussetzungen kann Kurzarbeitergeld beantragt werden?

Der Arbeitgeber kann Kurzarbeitergeld bei der Bundesagentur für Arbeit beantragen, wenn die Voraussetzungen der §§ 95 bis 99 SGB III vorliegen. Der Anspruch besteht, wenn

ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegt,
die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind,
die persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind und
der Arbeitsausfall angezeigt worden ist.
Die Bundesagentur für Arbeit hat in ihrer Pressemitteilung vom 28.02.2020 darauf hingewiesen, dass Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld erhalten können, wenn Lieferungen aufgrund des Corona-Virus ausbleiben und dadurch die Arbeitszeit verringert werden muss. Dies soll nach Aussage der Bundesagentur für Arbeit auch gelten, wenn aufgrund staatlicher Schutzmaßnahmen ein Betrieb vorübergehend geschlossen wird. Die Mindestanforderungen an die Erheblichkeit des Arbeitsausfalls sind in § 96 I Nr. 4 SGB III ausgeführt. Üblicherweise muss hierfür mindestens ein Drittel der Arbeitnehmer im Betrieb von einem Entgeltausfall von mehr als 10 Prozent betroffen sein. Diese Grenze wird aufgrund der aktuellen „Corona-Krise“ rückwirkend zum 01.03.2020 dahingehend verringert, werden, dass es genügt, wenn 10 Prozent statt eines Drittels der Arbeitnehmer im Betrieb vom Entgeltausfall von mehr als 10 Prozent betroffen sind. Gelockert werden sollen auch die Anforderungen an die Unvermeidbarkeit des Arbeitsausfalls in § 96 IV SGB III.

Die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt jeder Betrieb, in dem mindestens ein Arbeitnehmer beschäftigt ist.

Persönlich erfüllt ein Arbeitnehmer die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld nach § 98 I SGB III, wenn er in einem ungekündigten, versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis steht. Vom Kurzarbeitergeld ausgenommen sind demnach geringfügig Beschäftigte, wenn sie nicht versicherungspflichtig sind.

Derzeit ist weiter geplant, dass Arbeitgeber die Beiträge zur Sozialversicherung von der Agentur für Arbeit erstattet bekommen. Informationen der Bundesagentur für Arbeit sind abrufbar unter: https://www.arbeitsagentur.de/news/corona-virus-informationen-fuer-unternehmen-zum-kurzarbeitergeld.

3. Wird im gekündigten Arbeitsverhältnis Kurzarbeitergeld bezahlt?

Kurzarbeitergeld kann nur gewährt werden, wenn die persönlichen Voraussetzungen vorliegen. Dies ist gemäß § 98 Abs. 1 Nr. 2 SGB III dann nicht der Fall, wenn das Arbeitsverhältnis gekündigt ist. Hintergrund dessen ist, dass bei einem gekündigten Arbeitnehmer das Ziel des Kurzarbeitergeldes, den Arbeitsplatz zu sichern, nicht erreicht werden kann. Selbiges gilt, wenn ein Aufhebungsvertrag abgeschlossen wurde. Anders ist die Rechtslage zu beurteilen, wenn Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung erhoben ist.

4. Kann ein Geschäftsführer Kurzarbeitergeld erhalten?

Eine Anspruchsberechtigung auf die Förderung über Kurzarbeitergeld besteht gemäß § 169 SGB III für Arbeitnehmer. Arbeitnehmer sind nach § 25 Abs. 1 SGB III versicherungspflichtige Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind (versicherungspflichtige Beschäftigung). Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 4 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

Versicherungspflichtiger Arbeitnehmer ist hiernach, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Persönliche Abhängigkeit erfordert grundsätzlich die Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung. Ist ein Weisungsrecht nicht vorhanden, kann der Betreffende seine Tätigkeit also wesentlich frei gestalten, insbesondere über die eigene Arbeitskraft, über Arbeitsort und Arbeitszeit frei verfügen oder sich nur in die von ihm selbst gegebene Ordnung des Betriebes einreihen, liegt keine abhängige, sondern eine selbständige Tätigkeit vor, die zusätzlich durch ein Unternehmerrisiko gekennzeichnet zu sein pflegt.

Nach diesen Grundsätzen richtet sich auch, ob ein Geschäftsführer einer GmbH abhängig und deshalb beitragspflichtig beschäftigt ist oder nicht. Grundsätzlich ist ein solcher Geschäftsführer weder wegen seiner Organstellung noch deshalb von einer abhängigen Beschäftigung ausgeschlossen, weil er gegenüber Arbeitnehmern der GmbH Arbeitgeberfunktionen ausübt. Denn auch wer Arbeitgeberfunktionen ausübt, kann seinerseits bei einem Dritten persönlich abhängig beschäftigt sein. Maßgebend bleibt die Bindung des Geschäftsführers an das willensbildende Organ, in der Regel die Gesamtheit der Gesellschafter. Grundsätzlich wird ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis des Geschäftsführers zu einer GmbH nur dann verneint, wenn ein GmbH-Geschäftsführer zugleich Gesellschafter ist, der über mindestens die Hälfte des Stammkapitals der Gesellschaft oder satzungsmäßige Vetorechte verfügt und damit einen maßgebenden Einfluss auf deren Entscheidungen besitzt bzw. Weisungen zumindest verhindern kann. Steht der Geschäftsführer nach diesen Grundsätzen in einem abhängigen (versicherungspflichtigen) Beschäftigungsverhältnis ist der Bezug von KUG möglich.

5. Wie hoch ist das Kurzarbeitergeld?

Die Höhe des Kurzarbeitergeldes orientiert sich an der bisherigen Vergütung und beträgt 60% der Nettoentgeltdifferenz bzw. 67% wenn die elektronischen Lohnsteuermerkmale (ELStAM) mindestens einen Kinderfreibetrag von 0,5 enthalten). Beispiel: Der Arbeitnehmer hat 1 Kind und erhält eine Bruttovergütung von 3.500,00 € brutto und 2.200,00 netto (angenommene Zahlen). Die Arbeitszeit wird um 50% reduziert, sodass sich die Bruttovergütung nunmehr auf 1.750,00 € beläuft (1.300,00 € netto). Die Nettoentgeltdifferenz beträgt 900,00 €. Der Arbeitnehmer erhält ein Kurzarbeitergeld von 603,00 € (67% von 900,00 €). Bitte beachten Sie, dass die Zahlen pauschaliert sind und nur die Berechnungsmethode veranschaulichen sollen. Die Beitragsbemessungsgrenze für die Berechnung des Kurzarbeitergeldes beläuft sich für 2020 auf 6.900,00 € (West) und 6.450,00 € (Ost)


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